Homestaytour #1 – LeClaire, Iowa
Posted by Julia Hufnagl On 14. August 2014
Iowa, A Place to Grow – Meine Homestaytour sollte an der Pennsylvania Station in New York City beginnen. Um uns für die lange Fahrt mit dem Amtrak (= Zug-Unternehmen in den USA) auszurüsten, ging ich mit einigen anderen PPPlern noch einmal in einen Supermarkt, wo sich erst einmal eine Tatsache bestätigte, von der wir vorher schon gehört hatten: Das Obst hier ist wirklich ziemlich teuer! Nach mehreren Tagen Fast Food konnte ich den so lecker aussehenden Erdbeeren jedoch nicht widerstehen. Als ich sie nun am Bahnhof verzehrte wunderte ich mich noch darüber, wie unglaublich süß diese schmeckten, bis Katharina mich schließlich aufklärte: “Wenn das Obst nicht als organic gekennzeichnet ist, spritzen die es mit Zucker!” Die ohnehin schon süßen Erdbeeren werden also noch zusätzlich mit Zucker präpariert? Na gut, dann nächster Versuch: Ein frisch gemixter Smoothie mit Mango und Mandarinen am Bahnhof. Aber auch hier kann nicht von “gesund” die Rede sein – die Sahne darin ist sogar mir zu viel und ich beginne mich zu wundern, ob ich nach dem Jahr wohl so an den Geschmack gewöhnt bin, dass mir die Lebensmittel in Deutschland nicht mehr schmecken…

Unsere Route von New York nach Chicago
Um 15:40 Uhr ging es dann schließlich los und wir belegten unsere Plätze im Amtrak – unsere Koffer konnten wir vorher schon aufgeben, das läuft alles fast wie am Flughafen. Im Zug waren wir dann erst einmal positiv überrascht von den unglaublich bequemen Sitzen und dem vielen Platz, den wir dort hatten. Die anfängliche Euphorie verschwand jedoch, als das versprochene kostenlose WLAN sich als nicht vorhanden heraus stellte. In dieser Fahrt würden wir also nun die Weite Amerikas buchstäblich erfahren – zum einen durch den wundervollen Ausblick am Fenster und zum anderen schier dadurch, das wir 19 Stunden von New York nach Chicago brauchen würden (was uns nicht wunderte, als der Zug los fuhr – er hatte schließlich ein so langsames Tempo drauf, wie wir es in einem Deutschen Zug noch niemals erlebt hatten! Sogar alle Autos überholten uns). 19 Stunden? Diese Fahrtzeit ließen uns stutzen, als wir davon erfuhren. Wie wir wohl geschaut hätten, wenn wir am Anfang schon gewusst hätten, dass es schließlich auf 23 Stunden hinauslaufen würde? Und dies ist nicht einmal ungewöhnlich in den USA – Cultural Vistas hatte bei der Buchung sogar schon mit einigen Stunden Verspätung gerechnet und unseren Anschlusszug nach Princeton bewusst viel später gebucht. Trotzdem kamen wir zu spät an der Chicago Union Station an und der nächste Amtrak musste zwanzig Minuten auf uns warten. Im Großen und Ganzen kann man aber sagen, dass die Fahrt wirklich kurzweiliger als gedacht war – nicht zuletzt dadurch, dass 34 PPPler mit mir im Zug saßen. Ich hätte sogar einigermaßen gut schlafen können, wäre da nicht diese Klimaanlage, die mich sogar mit zwei Tops, zwei Pullis und einer Jacke frieren ließ. Aber dass die Amis auf Klimaanlagen stehen, haben wir ja mittlerweile schon oft genug zu spüren bekommen. Egal wo man hingeht und wie warm es draußen ist – eine Jacke ist immer ein Muss!
Nun ging es also wieder mit dem Amtrak von Chicago nach Princeton (ca. 2 Stunden Fahrt), wo ich dann von meinem Host-Dad Jeff erwartet wurde. Das letzte Stück legten wir mit dem Auto zurück und überquerten den Mississippi, der die Grenze zwischen Illinois und Iowa bildet (und nebenbei bemerkt auch der größte Fluss der USA ist). Schon auf dem Weg nach LeClaire fielen mir die vielen Mais-Felder auf – Iowa wird also nicht umsonst Corn State genannt. LeClaire hat knapp 4.000 Einwohner und liegt direkt am Mississippi. Es ist vor allem berühmt wegen dem alljährlichen Tug Fest, bei dem LeClaire und Port Byron (auf der anderen Seite des Mississippi und somit in Illinois) ein großes Seilziehen über den Mississippi veranstalten. Leider kam ich ein paar Stunden zu spät zu diesem Event – es fand nämlich am Samstag, den 09.08.14 nachmittags statt und ich kam erst abends um ca. 18:00 Uhr in LeClaire an. Zu Hause empfingen mich dann Pam (meine Host-Mum), deren Schwester Laura, Lauras Mann Dave und ihre zwei Kinder Amy und Dustin. Die Verwandten waren wegen dem Tug Fest zu Besuch. Ich durfte das Zimmer von Alex beziehen, dem 18-jährigen Sohn von meinen Gasteltern, der seit Kurzem seine vierjährige Zeit bei der Navy antrat. Nach dem Essen ging es gleich mit Dustin zum Tug Fest – dieses ist nach dem Seilziehen nämlich keineswegs vorbei und erinnert stark an ein deutsches Volksfest. Auf dem Weg dort hin hielten wir noch kurz an einem Geldautomaten an…
Anschließend ließen wir den Abend am Lagerfeuer ausklingen, bevor ich immer noch geschafft von der langen Amtrak-Fahrt die erste Nacht in meinem neuen Bett antrat.
Am nächsten Tag wartete dann mein erstes Baseball-Spiel in Davenport auf mich. Meine Gasteltern gaben sich wirklich Mühe, mir die Regeln zu erklären, komplett habe ich es aber leider immer noch nicht verstanden. Diejenigen, die mich kennen wird das auch nicht wundern – für Sport war ich noch nie so zu begeistern. Trotzdem war es durchaus interessant, vor allem, weil die Veranstalter wirklich alles versuchen, damit den Zuschauern nicht langweilig wird. In den Pausen fahren teilweise Autos über das Spielfeld, das Maskottchen verschenkt T-Shirts (Ich hab dank Pam auch eins bekommen!) oder es finden Verlosungen statt. Außerdem wird das Spiel durch Geräusche aus den Lautsprechern aufgepeppt – zum Beispiel das Gegacker eines Huhns, wenn jemand den Ball nicht getroffen hat. Und am Ende haben die River Bandits schließlich sogar gewonnen!
Den nächsten Tag verbrachte ich mit Stephanie, der 19-jährigen Tochter von meinen Gasteltern. Wir gingen in das Putnam-Museum in Davenport, wo ich viel über Physik und die Geschichte der Quad-Cities (eine Art Zusammenschluss der Städte Davenport, Bettendorf, Moline und Rock Island) erfuhr. Mittags aßen wir im Antonella’s, einem italienischen Restaurant in Davenport, in dem sogar Präsident Obama schon gegessen hat. Danach sahen wir uns Davenport noch von einer Aussichtsplattform von oben an.
Laut Stephanie gibt es in Davenport ziemlich viele Gangs und einige Straßen, wo man sich nachts lieber nicht aufhalten sollte. Etwas stutzig wurde ich, als sie mich fragte, ob es komisch für mich wäre, auf der rechten Straßenseite zu fahren – ich klärte sie auf, dass wir in den meisten Ländern in Europa durchaus rechts fahren würden und nur in Großbritannien und Irland auf der linken Seite… Ich nahm es ihr aber nicht übel, schließlich war sie erst einmal außerhalb der USA (und auch damals nicht in Europa). Die meisten Amerikaner können sich Urlaube einfach nicht leisten – außerdem haben sie weit weniger Urlaubstage als wir in Europa (durchschnittlich ca. 10 pro Jahr). Als wir später zusammen Two and a half men schauten, erzählte sie mir, Ashton Kutcher wäre auf die gleiche Universität wie sie gegangen (University of Iowa in Iowa City) und sogar dort entdeckt worden.
Am Abend musste ich nach der Bratwurst mit Sauerkraut beim Baseball-Spiel das nächste Deutsche Essen testen: Ich ging mit Jeff zusammen in die “Bierstube” (was hier ziemlich lustig ausgesprochen wird: “Biersdub”). Beim Studieren der Karte konnte ich schon mal erste Differenzen feststellen – manche Speisen darauf kannte ich nicht einmal. Ich habe mich schließlich für ein Jägerschnitzel mit Kartoffelsalat und Spätzle entschieden, dies schien ein gutes Essen für eine Beurteilung zu sein. Beim Schnitzel stellte ich schnell fest, dass das Fleisch zwar dünner, die Panade dafür aber mehr und viel fetter war als in Deutschland. Der Kartoffelsalat schmeckte komplett anders, aber nicht mal schlecht – dafür waren die Spätzle wirklich ekelhaft. Das Brot sah aus wie Marmorkuchen, war dafür ganz gut aber auf jeden Fall nicht Deutsch. Einen gehässigen Kommentar musste ich mir schon verkneifen, als ein Mädchen am Nebentisch auf ein Bild von Weißwürsten zeigte und meinte, die sähen “disgusting” aus. Das Getränk gab es (wie bis jetzt immer hier in Amerika) aus einem Plastikbecher – etwas gewöhnungsbedürftig, wie ich finde. Vor allem, weil das Wasser ein bisschen den Geschmack des Plastik aufnimmt und auch sonst teilweise leicht nach Chlor schmeckt. Das Leitungswasser kann man hier in den USA sowieso nicht trinken, dafür hat meine Gastfamilie diese coolen Wasserspender am Kühlschrank neben einem Spender, aus dem Eiswürfel kommen – vielleicht kennt ihr das ja aus Filmen, für mich war es jedenfalls typisch amerikanisch.
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Danach war auch noch ein kleiner Spaziergang durch LeClaire drin…
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An meinem letzten Tag hier in LeClaire (13.08.14) gab es erst mal Waffeln mit Sirup zum Frühstück. Anschließend durfte ich mit zu Jeffs Arbeitsplatz: Dem Headquarter von John Deere.
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Danach gönnten wir uns noch ein Eis im Whitey’s – Laut der Verkäuferin dem Laden mit dem besten Eis auf der ganzen Welt. Es war auch wirklich ziemlich gut und kann locker mit italienischem Eis mithalten, nur die Kugeln sind um einiges größer. Gibt’s eigentlich irgendetwas in den USA, was nicht schmeckt?
Der letzte Stopp in LeClaire sollte schließlich das Buffalo Bill Museum sein. Buffalo Bill, der in LeClaire geboren wurde, war ein berühmter Bisonjäger (deshalb wurde ihm auch dieser Name verpasst, er hieß nämlich eigentlich William Cody), der später Wild West Shows in Amerika und auch in Europa aufführte. Viele sagen, Buffalo Bill war der berühmteste Amerikaner des 19. Jahrhunderts.
Als letztes Abendessen machte meine Host-Mum Pam Corn on the Cob, passend zum Corn State Iowa, und es hat definitiv Potenzial, mein neues Liebligsgericht zu werden!
Abschließend zu meiner ersten Gastfamilie kann ich sagen, dass sie nicht in das typische Bild eines Deutschen über Amerikaner passen. Okay, ich musste erst einmal schlucken, als mir das erste Essen auf Papptellern serviert wurde und ich einen Einweg-Plastikbecher dazu bekam. Außerdem ist Mülltrennung hier wohl ein Fremdwort – von Biomüll über Plastik bis hin zu Papier wird alles einfach in den Restmüll geschmissen. Pam und Jeff denken aber wirklich nicht, Amerika ist das Beste auf der Welt und sind sehr interessiert darin, wie die Dinge in Deutschland sind (man hört ja oft, Amis interessieren sich nur für das eigene Land). Außerdem fahren sie keine übermäßig großen Autos – sie meinten, den Amerikanern wird einfach eingeredet, dass sie immer das größte Auto brauchen. Sie kochen gern selber, essen nicht so viele Fertiggerichte und haben sogar einen Garten mit Tomaten, Gurken und Bohnen. Pam findet die vielen Klimaanlagen überall genauso nervig wie ich. Was sie aber wirklich bestätigt haben, ist die amerikanische Gastfreundlichkeit. Ich habe mich sehr wohl gefühlt in diesem kleinen aber feinen Ort und bin schon ein bisschen traurig, dass es nun weiter nach Chicago geht. Die drei Hunde werde ich auf jeden Fall auch vermissen (einer von ihnen hatte sogar einen Deutschen Namen: Gretchen, was aber “Gretschen” ausgesprochen wurde). Trotzdem freue ich mich natürlich auf diese neue Erfahrung – von der ich euch auch bald berichten werde. Damit ihr das nicht verpasst, am besten gleich abonnieren (wenn ihr es nicht schon längst gemacht habt).
Bis bald!
Julia