Loading...
X

We sing her song

Das erste, was ich direkt nach meiner Ankunft aus Washington D.C. im Februar gemacht habe? Nicht wie man denken würde: Koffer auspacken, schlafen, aufräumen. Ne, erstmal ging es, wie schon im Dezember angekündigt, zum Vorsingen im Kansas City Women’s Chorus.

Ich begleitete also Lara zur wöchentlichen Chorprobe und wurde direkt involviert. Hier ein Formular ausfüllen, dort Musiknoten abholen, Chorrobe beantragen und und und. Da ich die offiziellen „Auditions“ im Januar verpasst hatte, durfte ich einfach während der Pause mit unserem Dirigent Lamar in einen separaten Proberaum und dort vorsingen. Der steckte mich dann völlig überzeugt zu den zweiten Sopranos und schon ging es los. Am Anfang war natürlich alles super neu und ich versuchte mich mit Ach und Krach ans Notenlesen zu erinnern. Lang ist’s her! Dazu kam, dass ich nur eines der 17 Stücke jemals vorher gehört hatte. Aber gut, aller Anfang ist schwer und mit der Zeit wurde es leichter und vor allem das Wichtigste: Es machte so viel Spaß mit all den anderen 70 Sängerinnen und deren unglaublichen Stimmen zu singen und langsam aber sicher auf eine bühnenreife Performance hinzuarbeiten.

Hier übrigens eine kurze Kostprobe zu Brave, original von Sara Bareilles  (meine iPhone Qualität lässt etwas zu wünschen übrig…)

Jeden Montag Abend hieß es also für 4 Stunden Chorprobe und ich hab mich noch nie so auf Montage gefreut wie in dieser Zeit. Nach einigen Wochen waren die einzelnen Musikstücke schon auf recht gutem Niveau und unser Lamar stellte zudem sicher, dass auch die kleinsten Fehler eliminiert wurden. Dann allerdings kam unser sympathischer „Choreograph“ Dudley ins Spiel und hatte für fast jedes Stück eine wunderbare Idee parat, um es optisch etwas aufzupeppen. Da machte sich schnell Frust breit mit all den „Hands up, Down, Snap, Hands back, Hands clapping…“. Vor allem die „Body Percussion“ zu „Bring me little Water Sylvie“ war eine Herausforderung, sogar bis kurz vor den Konzerten. Doch mit seinen überaus charmanten Anweisungen bekamen wir auch das schließlich gebacken.

Die Konzerte standen im Übrigen unter dem Motto: “We sing her Song” mit wunderschöner Musik von Sängerinnen und weiblichen Songwritern unserer Zeit. Moderatoren für die Konzerte waren Millie Edwards, eine bekannte Kansas City Jazzsängerin und Jolie Justus, die bis vor kurzem noch Senatorin für Missouri war.

Eine Woche vor den Konzerten wurde es dann ernst. Es gab viele Proben nur für Choreographie, Licht, Kleidung und Band. Das erste Konzert am Samstag verlief nahezu perfekt und was mich wirklich überraschte, ohne jegliche Aufregung meinerseits. Am Sonntag war dann alles ziemlich chaotisch und zudem war ich an diesem Tag ziemlich nervös, denn meine deutsche Familie, meine amerikanische Familie und meine Freunde saßen an diesem Tag im Publikum. Backstage ging es auch ziemlich drunter und drüber, denn es wurden Gruppenbilder gemacht und ich stand quasi mit halbaufgetragenem Lippenstift vor der Kameralinse, haha. Eine Minute vor Konzertbeginn packte ich dann noch mein Glätteisen aus und daraufhin bekam Lara einen kleinen Ausraster. Großes Kino, haha. Die allerschönste Erkenntnis: Trotz größtem Stress – sobald wir die Bühne betraten, war alles verflogen und wir hatten enormen Spaß dort oben. Zwar waren wir an diesem Abend stimmlich nicht auf dem Niveau wie Samstag, dennoch klappte es diesmal besser mit all unseren Choreographien. Nach jedem Song konnte ich außerdem meine Hostmum Brenda aus dem Publikum hören, wie sie ein „Ahaa!“ oder „Great!“ in die Menge jubelte, das war süß!

Leider war es dann auch schon fast vorbei mit allem. Eine Woche später stand jedoch noch ein letztes Projekt an: Die Aufnahme der Konzertlieder für die zweite CD des Kansas City Women’s Chorus. Da man über 70 Sängerinnen nicht in ein Tonstudio packen kann, wurde einfach die Konzertbühne zu einem Tonstudio umfunktioniert. Nach sechs langen Stunden Stehen auf den Konzertstufen waren die Songs schließlich im Kasten und eine Welle der Erleichterung machte sich unter allen Sängerinnen breit, denn das war wirklich nochmal ein starkes Stück Arbeit.

Schon lange kann ich nicht mehr richtig in Worte fassen, was ich hier erlebe, wie bereichernd es für mich ist und wie dankbar ich für all diese Erfahrungen bin. Ich bin regelmäßig von der Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft der Menschen um mich herum überrascht und ich kann nicht sagen wie froh ich bin, genau hier in Kansas City das wohl aufregendste Jahr meines Lebens zu verbringen.

Leave Your Observation

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert